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Alfred Umhey: Le Reglement de l'An 11- Die Verordnung
des Jahres 11 (1803) |
Am 12 floreal des Jahres XI (2. Mai 1803) wurde mit Erlass des ersten Konsuls Bonaparte ein neues, verbessertes Artilleriesystem für die französische Armee eingeführt. Dieses ist allgemein unter dem Namen des Vorsitzenden der "Vorbereitungskomission" bekannt, des Generals und späteren Marschalls Marmont.
Grundlegende Überlegung war eine weitere Standardisierung des bisher verwendeten Gribeauval-Systems sowie die Nutzung und Integration erbeuteter Artillerie und Munitionsbestände. Die bisher vorhandenen Kaliber 4 und 8 Pfünder waren schon lange kritisiert worden, das eine sei zu leicht, das andere zu schwer für den Einsatz im Felde. Demzufolge ersetzte des "Marmont-System" die beiden durch einen 6 Pfünder, der die Beweglichkeit des 4 Pfünders mit der höheren Feuerkraft eines schwereren Kalibers verband. Die Rohre wurden kürzer und leichter (das 130-fache des Kugelgewichtes und nur noch das 11-fache Kaliber als Seelenlänge, anstelle des früheren 17-fachen). Außerdem wurden Bau, Länge und Endwinkel der Lafette vereinfacht und der Munitionskasten aus dem Lafettenschwanz entfernt, vergrößert und auf der Protze befestigt, eine bei den Artilleristen sehr unbeliebt Neuerung.
Die bereits im alten System vorhandenen 12 Pfünder wurden ebenfalls einer Modernisierung unterzogen und nach den oben angeführten Kriterien verändert, wobei dies nur auf Neufertigungen zutraf, altes Material baute man nicht um. Wie bei allen Reformen und Verordnungen, betreffen sie Bewaffnung, Ausrüstung oder gar Uniformen, kann natürlich weder von einer sofortigen, noch von einer endgültigen Einführung die Rede sein. Da bei der Einführung 1803 die Anzahl der 8er 900Stück, die der 4er sogar 1700 Stück betrug, wurden diese natürlich weiter verwendet. Außerdem kam im selben Jahr das bei der Besetzung Hannovers erbeutete Artilleriematerial hinzu, in den Jahren 1805, 06 und 09 die jeweils bei Österreichern und Preußen erbeuteten Stücke.
So existierten in der französischen Armee bis 1815 beide Systeme, das "klassische" Gribeauval und das "moderne" Marmont nebeneinander, während die Beutestücke je nach Bedarf eingesetzt wurden. Das Korps Marmont, welches 1803 die Besetzung Hannovers durchführte, kämpfte im Feldzug 1805 nicht etwa mit den von seinem Chef eingeführten Geschützen, sondern mit dem erbeuteten Artilleriematerial, welches im übrigen in seinem originalen grauen Anstrich belassen wurde.
Auf der iberischen Halbinsel kamen keine der neuen 6er in Einsatz, da hier nur die 8 er den britischen 9 Pfündern gewachsen waren. Das Gros des AN XI Materials ging im russischen Feldzug 1812 verloren, so daß 1813 wieder verstärkt auf Beutestücke und vorhandenes altes Material zurückgegriffen wurde. Trotzdem sind die beiden Geschütztypen des Marmont-Systems unverzichtbarer Bestandteil jeder Artilleriedarstellung für die Feldzüge in Mitteleuropa zwischen 1805 und 1815 !
Mit königlicher Verordnung vom 30. Januar 1815 wurde das Material Model AN XI abgeschafft, blieb aber noch lange darüber hinaus im Gebrauch, denn noch 1822 sind die entsprechenden Stücke bei der Artillerie der königlichen Garde benutzt worden
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