Die entscheidende Niederlage der sächsischen Armee im 2. Schlesischen Krieg von Dirk Brendler
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St. Katharinenkirche am südlichn Dorfrand von Kesselsdorf |
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Am 15. Dezember 2001 jährte sich zum zweihundertsechsundfünfzigsten Mal der Tag, der den Verlauf der sächsischen Geschichte im 18. Jahrhundert nachhaltig beeinflusst hat: die Schlacht von Kesselsdorf am 15. Dezember 1745. Grund genug für den militärhistorisch interessierten Sachsen, und dazu zähle ich mich, sich mit diesem Ereignis etwas näher zu beschäftigen.
Sachsen ist eine derjenigen deutschen
Regionen, die in der Vergangenheit in einzigartiger Weise zum
ständigen Schauplatz bedeutender kriegerischer Auseinandersetzungen
wurde, und in der europäische Machtkonflikte wiederholt ihre
Entscheidungen fanden.
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Blick auf die Höhen zwischen
Steinbach und Kesselsdorf, |
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Blicken wir kurz zurück. 1694 starb der sächsische Kurfürst Johann Georg IV. an den Blattern. Zur Regierung kam unvorhergesehen sein Bruder Kurfürst Friedrich August I., später „August der Starke“ genannt (es wird erzählt, dass er Hufeisen mit den bloßen Händen verbiegen konnte), Kurfürst von Sachsen (1694-1733) und König von Polen (1697-1733). Mit der Personalunion zwischen dem Kurfürstentum Sachsen und dem Königreich Polen hatte er in Europa einen Machtfaktor geschaffen. Nach dem Ende des Nordischen Krieges trat in Sachsen eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung ein, das es neben den anderen europäischen Mächten, wie Österreich, Frankreich, England und Russland, als gleichberechtigten politischen Partner treten ließ. Dresden wurde zur europäischen Metropole, in der die barocke Baukunst sich zur höchsten Blüte entfaltete und wo in der Augusteischen Epoche mehr Hofbedienstete benötigt wurden als Verwaltungsbeamte in den oberen Landesbehörden.
Mit Preußen als nördlichen Nachbarn und direkten Konkurrenten von Sachsen kam es in der Folgezeit zunehmend zu Differenzen. 1733 verstarb August I. in Warschau. Sofort entbrannte die Auseinandersetzung um das polnische Erbe. Im Erbfolgestreit setzte sich der Thronfolger August des Starken, sein Sohn Friedrich August II. mit Hilfe Russlands und durch Tolerierung Österreichs durch und wurde 1733 zum polnischen König gewählt.
Eines der wichtigsten Ziele Sachsens bestand darin, eine direkte Landverbindung zwischen dem Kurfürstentum und Polen zu gewinnen. Mit diesem Ziel kam es in die Auseinandersetzung zwischen Preußen und Österreich. Für eine dieser beiden Parteien musste Kursachsen sich entscheiden. 1740 besetzte König Friedrich II. von Preußen kurz nach seinem Regierungsantritt Schlesien. Damit begann der 1. Schlesische Krieg (1740-1742) gegen Österreich, mit Sachsen als Bündnispartner auf preußischer Seite. Im Frieden von Berlin sicherte sich Friedrich II. „sein“ Schlesien. Sachsen ging leer aus. Als Trost erhielt es Mähren zugesprochen. Das Nichterfüllen der sächsischen Wünsche führte zu einer Änderung der Politik gegenüber Preußen, und trieb Sachsen an die Seite Österreichs.
Im August 1744 brach mit dem Einmarsch preußischer Truppen in Böhmen der 2. Schlesische Krieg (1744-1745) aus, der mit der entscheidenden Schlacht bei Kesselsdorf am 15. Dezember 1745 und der empfindlichen Niederlage der Sachsen, sein Ende finden sollte. In den Schlachten von Hohenfriedberg am 04. Juni 1745 und Soor am 30. September 1745 musste das sächsisch-österreichische Heer empfindliche Niederlagen einstecken und konnte den Einmarsch preußischer Truppen nach Sachsen im November 1745 nicht verhindern. |
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Denkmal zur Erinnerung an die
Schlacht; |
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Am Morgen des 15. Dezember standen sich 30.000 Preußen unter dem Oberbefehl von Fürst Leopold von Anhalt-Dessau und 31.000 sächsische und österreichische Soldaten unter dem Befehl von Friedrich August Graf von Rutowski, einem 1702 geborenen Halbruder von Friedrich August II. und natürlicher Sohn August des Starken, gegenüber. In Dresden lagerte Prinz Karl von Lothringen mit ca. 18.000 Österreichern als Verstärkung. Das Kräfteverhältnis war also zu ungunsten der Preußen verteilt. Jedoch sollte sich dieser Umstand nicht verhängnisvoll für die Preußen erweisen, da die 18.000 Österreicher aus Dresden nicht mehr rechtzeitig auf dem Schlachtfeld anlangen sollten.
Kesselsdorf lag westlich vor den Toren der Residenzstadt Dresden (also sozusagen gleich bei mir um die Ecke). Das Schlachtfeld war offen und wellig, mit teilweise eingeschnittenen Schluchten und engen Seitentälern, stellenweise zwischen 40 und 70 m tiefer als die umliegenden Höhen. Das Dorf lag in einer von Westen nach Osten führenden Senke. Der Westausgang des Dorfes lag auf einer Höhe und beherrschte das davor liegende Gelände, das von vielen kleinen Wegen durchschnitten wurde. Westlich und nördlich von Kesselsdorf durchzogen zahlreiche kleine Wasserläufe die Landschaft. Die sumpfigen Auen, die Teiche am Brückelbach und der Weiher am Kesselbach behinderten die Linien der Infanteriebataillone beider Seiten bei der Aufstellung. Die Gehöfte des Dorfes waren von Hecken, Zäunen und niedrigen Mauern umgeben und boten somit sehr gute Deckung.
Der Wüsteberg zwischen Kesselsdorf und Zöllmen lag im Zentrum der Kämpfe. Die Hänge der Anhöhen boten für die angreifenden Preußen nur geringe Hindernisse. Die Bachniederungen waren jedoch sumpfig und stellenweise gefroren, und erschwerten dadurch den Vormarsch. Hinzu kam das Winterwetter. Die beschneiten Hänge waren glatt und schlüpfrig.
Das sächsisch-österreichische Heer umfasste 39 Bataillone Infanterie, 58 Schwadronen Kavallerie sowie 51 leichte und 42 schwere Geschütze. Seit den frühen Morgenstunden des 14. Dezembers bezogen die Truppen zwischen Kesselsdorf und Kemnitz an der Elbe die Stellungen. Einige Truppenteile, wie die sächsischen Infanterieregimenter Franz Pirch und Niesemeuschel hatten schon nachts um ein Uhr ihre Unterkünfte verlassen müssen, und warteten bis neun Uhr morgens bei den Pulvermühlen an der Weißeritz auf den Marschbefehl in eisiger Kälte.
Die Aufstellung der Sachsen und Österreicher sah am 15. Dezember 1745 wie folgt aus (nach sächsischen Gefechtsberichten):
1. Infanterietreffen (Generalleutnant Diemar)
Generalmajor von Allnpeck Grenadierbataillone Winckelmann, Friesen, Gersdorff, Ütterodt, von der Brüggen, Gfug sowie das österreichische Grenadierbataillon Le Feé Generalleutnant von Jasmund Infanterieregimenter Leibgrenadiergarde, 2. Garde, Königin, Weißenfels, Brühl Generalleutnant von Haxthausen Infanterieregimenter Rochow, Cosel, Allnpeck General Graf von Grünne (Generalmajor von Elverfeldt) - österr. Heeresteil Infanterieregimenter Bethlen, Kheul, Waldeck, Wurmbrand
2. Infanterietreffen (Generalleutnant von Rochow)
Generalmajor von Bellegarde Infanterieregimenter Nikolaus von Pirch, Franz von Pirch, Niesemeuschel
3. Treffen Kavallerie (General Georg Johann, Ritter von Sachsen)
Generalleutnant von Arnstedt Chevaulegersregimenter Prinz Karl und Rutowski Generalleutnante von Arnim und von Birkholz Dragonerregimenter Arnim, Sondershausen, Plötz und Rechenberg Garderegimenter Garde du Corps und Karabiniers Kürassierregimenter Leibkürassiere, Königlicher Prinz, Minckwitz, Ronnow und L´Annonciade Generalmajor von Walbrunn (österr. Heeresteil) Dragonerregiment Bentheim Kürassierregiment Hohenzollern
Artillerie (Generalleutnant Wilster)
42 schwere und 51 leichte Geschütze
Reserve (wurden zu Aufklärungszwecken eingesetzt)
Chevaulegersregiment Sybilski zwei österr. Husarenregimenter unter Generalmajor von Morocz 1000 Warasdiner Kroaten zwei Ulanenpulks
Die linke Flanke bildete der Ort Kesselsdorf. Rutowski nahm an, das die Preußen als erstes hier mit aller Macht angreifen würden. Er ließ deshalb alle sieben Grenadierbataillone den westlichen Dorfrand besetzen. General von Wilster, Befehlshaber der Artillerie, wurde angewiesen, den Dorfeingang in Richtung Westen mit zwanzig Geschützen so zu verteidigen, dass „ er die ganze Gegend, wo der Feind sich formieren müsste, vom rechten bis zum linken Flügel beschießen könne“. Im Falle des Angriffes der Preußen sollten die unter dem Befehl des Prinzen Karl Alexander von Lothringen (Bruder des österreichischen Kaisers Franz Stephan) in Dresden stehenden Österreicher durch die Besetzung von Braunsdorf den linken Flügel der Sachsen verlängern und somit eine Überflügelung der Flanke verhindern. Die sächsische Führung schätzte die Lage derart ein, dass bis zum Eintreffen der Österreicher die sächsischen Soldaten in der Lage sein würden, solange die Stellung am linken Flügel zu halten.
Die Zimmerleute der Bataillone verstärkten die Batteriestellung am Westausgang des Dorfes, während sich die Grenadiere hinter den Hecken und Zäunen einrichteten. Zur weiteren Sicherung des Dorfes standen die Chevaulegersregimenter Prinz Karl, Rutowski und Sybilski (Brigade Arnstedt) zur Verfügung.
Vom Osteingang des Dorfes an dehnten sich nach rechts die Stellungen der restlichen Infanterie und Kavallerie bis nach Pennrich. Die Infanterie war in zwei Treffen aufgestellt. Das dritte Treffen bildete die Kavallerie als Reserve. Auf der gesamten Frontlänge waren die Geschütze verteilt. Eine Batterie mittig auf dem Wüsteberg, 16 Geschütze in den Zwischenräumen der Regimenter und die anderen an der linken und rechten Flanke der Infanterietreffen.
Die Kavallerieschwadronen hatten allesamt viel zu wenig Antrittsgelände, um sich effektiv entfalten zu können, und waren ebenso nutzlos wie das zweite Infanterietreffen aufgestellt.
Den rechten Flügel bildete das österreichische Hilfskorps Grünne unter dem Befehl des Generals Elverfeldt. Graf Grünne lag an diesem Tage krank in Dresden. Die 7.000 Österreicher standen zwischen Omsewitz und Kemnitz an der Elbe und hatten die Beobachtung und Sperrung der Elbstraße zur Aufgabe. Für diese Aufgabe hätte eine schwache Besetzung vollkommen genügt, so fehlten diese Soldaten im Kampfzentrum. Rutowski hatte sogar eine Batterie schwerer sächsischer Geschütze zur Unterstützung der Österreicher an den rechten Flügel verlagert. Für die gesamten 31.000 Mann war die 7,2 Kilometer lange Front viel zu ausgedehnt. Zwischen Pennrich und Omsewitz hatte sie sogar eine Lücke von mehr als zwei Kilometer. Die vorgeschobene Besetzung des Westrandes von Kesselsdorf war notwendig. Man erwartete aus dieser Richtung die Preußen. Aber sie zerriss die ganze sächsische Stellung.
Ganz anders wären die Vorteile des Geländes auszunutzen gewesen, wenn Prinz Karl, wie versprochen, mit seinen 18.000 Österreichern Braunsdorf besetzt hätte und damit den linken Flügel entscheidend verlängert und verstärkt hätte. Hier zeigt es sich wiedereinmal, dass wenn Bündnisgenossen, die kurze Zeit vorher noch als Gegner gegenüber standen, sich arrangieren sollen, dies nicht immer funktioniert. Prinz Karl wird ein Ausspruch angedichtet, dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist: „Die Sachsen sind brave Leut´, sie werden sich halter schon wehren!“
Da standen Sie nun die Sachsen und Österreicher auf schneebedeckten Höhen. Die Stimmung der Offiziere und Mannschaften war schlecht. Übernächtigt, durchfroren und unverpflegt, die Uniformen zerrissen und abgetragen, warteten Sie auf den Gegner. Man möge mir an dieser Stelle verzeihen, wenn ich mich meinen Landsleuten etwas ausführlicher widme, als deren damaligen Gegner. Sachse bleibt nun mal Sachse. |
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Karte: Plan zur Schlacht von Kesselsdorf am 15.12.1745. |
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Dieser Gegner waren damals die Preußen. Das Heer des Alten Dessauer umfasste 75 Schwadronen Kavallerie, 35 Bataillone Infanterie und dazu 33 schwere Geschütze. Der Aufmarsch vollzog sich in vier Marschsäulen. In den Morgenstunden kam es zu einem kleinen Reitergefecht zwischen den preußischen Husarenregimentern 6 und 7 und der leichten sächsischen Reiterei Sybilskis, in dessen Verlauf die Sachsen bis nach Kesselsdorf zurückgeworfen wurden. Zwischen Grumbach und Kaufbach entwickelten sich die vier Kolonnen für den Kampf. Die linke Kolonne, 35 Schwadronen Reiterei, zog auf die Roitzscher Höhen vor, und blieb dann hier, das Tal vor der Front zu Füßen. Die Infanterie stand in zwei Treffen gegliedert im Tale, vor sich den Wüsteberg. Dazwischen lagen die sumpfigen, an diesem Tage leicht gefrorenen Niederungen des Brückel- und Kesselbaches. Die beide Bäche vereinigen sich später zum Zschonerbach. Die 40 Schwadronen des rechten Kavallerieflügels nahmen auf den Höhen zwischen Grumbach und Kesselsdorf Aufstellung.
Fürst Leopold war überzeugt, dass in der Eroberung von Kessselsdorf der Schlüssel zum Erfolg lag. Dem Alten Dessauer wird ein Stoßgebet zugeschrieben, dass er vor dem Angriff an seinem Schöpfer gerichtet haben soll: „Lieber Gott, stehe mir heute gnädig bei, oder, willst du mir diesmal nicht beistehen, so hilf wenigstens auch dem Schurken von Feind nicht, sondern sieh wie´s kommt.“ Bestätigt ist diese Anekdote nicht. Glaubwürdiger scheint es schon, dass der Marschall seiner Umgebung zurief: „Jetzt wollen wir einen Stank von uns lassen, daran sie in Sachsen noch lange zu riechen haben!“
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Fürst Leopold von Anhalt-Dessau (1676-1747) |
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Um 14 Uhr begannen die drei Grenadierbataillone Kleist, Plotho und Münchow und das Infanterieregiment Anhalt, das Leibregiment des Fürsten Leopold, den Angriff auf das Dorf, den glatten Hang hinauf unter dem Feuer der feindlichen Artillerie. Mit einem Abstand von 300 m folgte das Dragonerregiment Bonin. Unterstützt wurde der Angriff durch die preußischen Bataillonsgeschütze. Der Tod hielt auf diesem Teil des Schlachtfeldes reichlich Ernte. Kurz vor dem Erreichen der großen Batterie am Rande des Dorfes, wurden die Preußen durch einen erfolgreichen Gegenangriff der sächsischen Grenadiere zurückgeschlagen. Mit einen Gegenattacke versuchte der preußische Oberst Lüderitz mit seinen Dragonern (Regiment Bonin) die Situation zu retten. Die Sachsen entblößten in Ihrem Übermut das Dorf und hinderten die eigene Batterie am Feuern.
Diesen Moment nutzten die preußischen Infanterieregimenter 30, 9, 22 und 20 unter Generalleutnant von Lehwald und stießen vom Brückelgrund kommend in die entblößte Flanke der Sachsen und dann weiter gegen die Hochfläche nördlich des Dorfes. Von allen Seiten hauen nun die preußischen Reiter auf die Sachsen ein und halten reichlich Ernte. General Allnpeck, sächsischer Oberbefehlshaber auf dem linken Flügel, wird in diesem Durcheinander zum zweiten Male verwundet und gefangen genommen. „So sahen wir mit Kummer dieselben Grenadiere, die soeben die feindliche Infanterie geschlagen hatte, als Flüchtlinge niedergesäbelt von den preußischen Gendarmen.“ soll er dabei geäußert haben.
Von Südwesten brachen die Kürassierregimenter 3, 11 und 7 sowie die Dragonerregimenter 9 und 10 durch das Dorf und dem linken Flügel der Sachsen in die Flanke. Die Trümmer der sächsischen Infanterie wurden zurückgeworfen, bedrängt von allen Seiten. Ein sächsischer Gegenangriff der Kavallerieregimenter Prinz Karl, Rutowski und Sybilski blieb erfolglos, ja brachte nur noch mehr Verwirrung in die eigenen Reihen. Artillerieknechte mit und ohne Protzen jagten zurück. Das Dorf ging in Flammen auf. Pulverdampf lag über den Häusern und Gärten. Kesselsdorf war gefallen.
Hier machte es sich bemerkbar, dass Prinz Karl mit seinen 18.000 Österreichern nicht die linke Flanke der Sachsen verlängert hatte. Man wusste noch nicht am Wüsteberg, ob Sieg oder Niederlage, der Ausgang dieses Kampfes um Kesselsdorf sein würde.
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Friedrich August Graf von Rutowski (1702-1764) |
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Die Entscheidung am Wüsteberg
Inzwischen setzte sich der linke preußische Infanterieflügel unter Prinz Moritz von Anhalt, des alten Fürsten Sohn, in Bewegung. Die Preußen durchschritten den Grund mit seinen morastigen Uferwiesen und stießen auf der Hochfläche am Südrand von Zöllmen auf die sächsischen Regimenter, während die Brigade Bredow mit den Infanterieregimentern 10, 27 und 4 die beiden Dörfer Steinbach und Zöllmen ohne Mühe einnahmen. Die Warasdiner Kroaten hatten die durch Rutowski befohlene Besetzung der Dörfer versäumt.
Die sächsischen Garderegimenter Leibgrenadiergarde und 2.Garde sowie das Regiment Königin, nicht ahnend das Kesselsdorf zu diesem Zeitpunkt bereits in der Hand des Feindes war, erhielten beim Vorführen durch den Generalleutnant von Jasmund feindliches Flankenfeuer aus Richtung des nordöstlichen Dorfrandes. Bedrängt von dem ersten Treffen der aus dem Brückelgrund vorstoßenden Preußen (IR 20, 21 und 5) sowie in der Flanke angegriffen von den aus dem Dorf hervorbrechenden Truppen brach die Ordnung der sächsischen Regimenter unter dem schweren preußischen Infanteriefeuer zusammen. Mit Prinz Moritz an der Spitze drang das Infanterieregiment 18 mit gefällten Bajonett auf die sächsischen Regimenter Brühl und Weißenfels ein, und warf sie auf die im zweiten Infanterietreffen stehenden Regimenter Niesmeuschel und Franz Pirch zurück.
Der sächsische Generalmajor von Bellegarde wurde dabei schwer verwundet und das Pferd unter ihm erschossen. Seine unverbundene Wunde erlaubte ihm nur langsames laufen. Um die durch das Zurückfluten der Infanterielinien entstandenen Lücken zu schließen, setzten just in diesem Augenblick die sächsischen Reiterregimenter Karabiners, Rechenberg, Plötz und Garde du Corps zur Gegenattacke an. Die Reitermassen brausten heran. Von Bellegarde drohte überritten zu werden. Im letzten Moment gelang es ihm, das Pferd des vordersten Mannes am Zaum zu greifen und zur Seite zu reißen. Die Reitermasse teilte sich und er war gerettet. Schließlich half ihm ein Trompeter auf ein lediges österreichisches Offizierspferd und der Generalmajor konnte sich nach Dresden retten.
Die sächsische Reiterattacke wurde von dem zweiten Treffen der Preußen unter Generalleutnant von Leps, welches inzwischen den Hang erstiegen und die Lücken gefüllt hatte, zurückgeschlagen. Im Feuer der frischen Bataillone brach der Angriff zusammen. Die zurückflutenden Regimenter ritten die eigene Infanterie nieder und wurden von ihr sogar versehentlich beschossen. Die Garde du Corps verlor ihre Standarte. Das Zentrum der Sachsen brach zusammen. Alles stürzte in heilloser Verwirrung in Richtung Dresden zurück. Niemand hörte mehr auf die Offiziere. Die alte Poststraße von Kesselsdorf nach Dresden war von allen Waffengattungen verstopft. Munitionswagen und Protzen standen quer, oder lagen umgestürzt auf der Straße. Als die preußische Artillerie mit ihren Geschützen von Steinbach bis auf die Hochfläche vorrückte, gerieten die fliehenden Sachsen in den rückwärtigen Schluchten in Panik.
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Zwischen Zöllmen und Pennrich hatte die Brigade Bredow die sächsischen Infanterieregimenter Allnpeck, Cosel und Rochow geschlagen und auf Gompitz und Ockerwitz zurückgeworfen. Am Gasthof von Pennrich versuchte Oberst L`Annonciade mit seinen Kürassieren und anderen versprengten sächsischen Truppenteilen noch einmal die feindliche Kavallerie abzuwehren. Bei diesen Rückzugsgefechten wurde er schwer verwundet und starb zwei Tage später in Meißen.
Nördlich von Obergorbitz sammelten sich in der Dunkelheit der Nacht die restlichen Schwadronen der am rechten Flügel bei Zöllmen zerschlagenen Kavallerieregimenter Ronnow, Minckwitz, Königlicher Prinz und Leibkürassiere. Binnen zwei Stunden war die Schlacht entschieden, ohne den Einsatz des linken Kavallerieflügels der Preußen und der Österreicher bei Omsewitz, die ebenso wenig eingriffen, wie Prinz Karl, der mit seinen 18.000 Mann in Dresden blieb.
Auch die sächsischen Reiterregimenter konnten nicht richtig in das Schlachtgeschehen eingreifen. Lange Zeit mussten sie ruhig im gegnerischen Artilleriefeuer ausharren. Wie Schießscheiben standen sie auf den Höhen, ohne die Möglichkeit einzugreifen. Erst als die Infanterie zu weichen begann, bot sich die Gelegenheit. Durch den zu kurzen Antritt und das Durcheinander in den eigenen Reihen, war ihre Wirkung letztlich nur gering.
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Wo blieb Prinz Karl?
Die Angaben über die Verluste in der vorhandenen Literatur weichen teilweise sehr voneinander ab. Die hier wiedergegebenen Zahlen scheinen die wahrscheinlichsten zu sein. Die Preußen verloren ca. 5.000 Tote, davon 135 Offiziere. Die Infanterie büßte ein Viertel ihres Bestandes ein. Die Sachsen verloren an Toten und Verwundeten 3.750 Mann. Über 1.400 Pferde verendeten auf dem Schlachtfeld. 7.000 Soldaten wurden gefangen genommen. Die Österreicher verloren 150 Grenadiere und 50 Reiter. An Artilleriegerät ging verloren: 48 Geschütze, 36 Munitionswagen, 27 andere Bagagewagen sowie 8 Fahnen und ein Paar Pauken.
Nach der Schlacht ergab sich für Graf Rutowski eine entscheidende Frage. Warum war Prinz Karl mit seinen 18.000 Österreichern nicht zur Hilfe gekommen?
Prinz Karl hatte gegen 14 Uhr nachmittags, auf die Nachricht, der Feind marschiere zum Angriff, seine Bataillone gesammelt. Es erwies sich jedoch als Hindernis, dass seine Soldaten räumlich sehr weit voneinander entfernt untergebracht waren. Gegen 16 Uhr rückte er mit seiner Streitmacht bis an die Weißeritz vor, und meldete Rutowski, er könne gegen 17 Uhr auf dem Schlachtfelde sein. Er glaubte also in einer Stunde da zu sein. Ein fataler Irrtum. In Wirklichkeit betrug die Entfernung von der Weißeritz bis nach Kesselsdorf neun Kilometer. Er hätte es also keineswegs geschafft, rechtzeitig auf dem Schlachtfeld eintreffen zu können.
Dieser Irrtum hatte aber einen anderen Hintergrund. Prinz Karl dachte gar nicht daran, in den Kampf einzugreifen. Er schrieb einige Tage nachher selbst an den Kaiser, dass „er mit den paar zusammengerafften Bataillonen nichts hätte tun können, es wäre gegen alle Kriegsregel gegangen und hätte auch nichts genützt“. Er begnügte sich damit, an der Weißeritz eine Auffangstellung zu beziehen. Dass man ihm viel Schuld an der Niederlage gab, ist nicht zu verwundern, zumal die Stimmung der Verbündeten schon längere Zeit ziemlich gereizt war. Er schob die Schuld auf die weit auseinanderliegenden Unterkunftsorte und den beschwerlichen und langen Anmarsch.
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Prinz Karl Alexander von Lothringen (1712-1780) |
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Versorgung der Verwundeten
Die Bergung der Verwundeten und Toten sowie die Beseitigung und Räumung des Schlachtfeldes ist ein Kapitel, welches in vielen Berichten über Schlachten gern ausgespart wird. Es ist aber genauso ein Teil „der Schlacht“, weil nicht weniger grausam, wie der eigentliche Kampf. Am günstigsten war das Schicksal der verwundet den Preußen in die Hände gefallenen Sachsen. Sie wurden in den umliegenden Dörfern gesammelt, verbunden und am nächsten Tag mit den verwundeten Preußen nach Wilsdruff und Meißen geschafft.
Diejenigen Verwundeten, die sich aufgrund ihrer Verletzungen nicht vom Fleck bewegen konnten, sind sehr wahrscheinlich in der Nacht erfroren.In Dresden wurde nach dem Einmarsch der Preußen relativ schnell für die Verwundeten gesorgt. Der Hofapotheker musste mit seinen Gehilfen täglich Überstunden bis zwei Uhr nachts machen. so dass er bald um Zulage für seine Gehilfen und um Geld für Lichter bat.
Die Preußen, denen eigentlich als Sieger die Beerdigung der Toten oblag, verweigerten die Mithilfe. So blieb den Bauern der Umgegend nichts anderes übrig als die Sache in eigene Hände zu nehmen. Schließlich wollten sie im Frühjahr wieder ihre Felder bewirtschaften.
Durch den Amtschreiber aus Dresden wurden den Bauern täglich 3 Groschen versprochen, wenn sie die Toten beerdigen würden. Mit Handkarren wurden die steifgefrorenen Leichen zusammengetragen, in 4 bis 5 Ellen tiefe Gruben geworfen und anschließend Kalk darüber geschaufelt. Darüber kamen 2 Ellen Erde und außerdem obendrauf ein Hügel. Für die Bauern war dies eine Knochenarbeit. Frost im feuchten Lehm- und Tonboden erschwerte die Arbeit. Ein Teil der toten Pferde wurde verbrannt.
Durch den Kampf hatten auch die umliegenden Dörfer großen Schaden davon getragen. Am meisten hatte Kesselsdorf selbst gelitten. Einige Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder, aus vielen wurde alles Holz von den siegreichen Preußen am Lagerfeuer verbrannt. Das gesamte Acker- und Wirtschaftsgerät sowie sämtliches Viehzeug wurde mitgenommen. Der Gesamtschaden betrug nach einem Bericht vom 21. September 1746 21.840 Taler in Kesselsdorf, 10.036 Taler in Pennrich und 4.391 Taler in Zöllmen.
Friedensschluss
Zwei Tage nach der Schlacht, am 17. Dezember 1745 langte Friedrich II. auf dem Schlachtfeld an, und besichtigte den Ort des Geschehens. Am gleichen Tage wurde Dresden dem Sieger übergeben.
Die geschlagenen Sachsen und ihre österreichischen Verbündeten zogen innerlich erschüttert, hungernd in unerträglicher Kälte am 22. Dezember über Pirna und Dippoldiswalde nach Böhmen ab und verbrachten dort den Winter.
Am ersten Weihnachtsfeiertag 1745 wurde Frieden geschlossen zwischen Preußen und Österreich, und Kaiserin Maria Theresia musste notgedrungen Friedrich II. Schlesien überlassen. Kursachsen musste eine Million Taler Kriegsentschädigung an Preußen zahlen. Das Kurfürstentum hatte eine empfindliche Schlappe erlitten und seine Ziele nicht erreicht.Es sollte nicht lange dauern und die sächsischen Lande wurden wieder von Kriegsgeschrei heimgesucht. In die Geschichte ging dieser Krieg als der Siebenjährige Krieg ein.
Kesselsdorf heute
Wen es einmal in die sächsischen Lande zieht, und wer die Gelegenheit gleich nutzen will, um in Kesselsdorf und Umgebung etwas „Sight seeing“ machen möchte (aber Achtung: Dresden nicht vergessen! Ein Besuch lohnt sich immer), der erreicht den Ort des damaligen Geschehens am besten über die Autobahn A 4 bis Abfahrt Wilsdruff und dann in Richtung Dresden nach ca. 5 Kilometer. Wer von Dresden kommt, fährt die B 173 in Richtung Freiberg. Nach ca. 10 Kilometern erreicht man das Dorf.
Leider hat sich die Gegend des ehemaligen Schlachtfeldes, und auch das Dorf selbst sehr verändert. Ein Drittel des Kampfplatzes von damals nimmt heute ein Gewerbegebiet ein. Das einzige auf dem Schlachtfeld aufgestellte Denkmal aus dem Jahre 1907, gestiftet durch den Rechnungsrat Köhler, steht neben einem Gasthof in Kesselsdorf (am Abzweig nach Wilsdruff). Hier an dieser Stelle stand die große Batterie der Sachsen, die zu Beginn des Kampfes das Angriffsziel der Preußen unter dem Alten Dessauer war.
In der Kirche befindet sich das Grab des sächsischen Obristen Franz Kaspar von Pirch, der in der Schlacht tödlich verwundet wurde. Weitere Denkmäler sind nicht erhalten. Den besten Blick über das ehemalige Schlachtfeld hat der Besucher von der Anhöhe südlich von Unkersdorf.
Quellenangaben
Michael Preil - Militärgeschichtlicher Reiseführer Sachsen - Verlag Mittler & Sohn, Hamburg 1996 Artur Brabant - Kesselsdorf und Maxen. Zwei Winterschlachten bei Dresden - Verlag Alexander Köhler, Dresden 1912 Dorn/Engelmann - Schlachten Friedrich des Großen - Bechtermünz Verlag 1996 Reinhold Müller - Die Armee August des Starken - Militärverlag der DDR 1987 Müller/ Vetters - Im Dienste Sachsens - Verlag der Kunst Dresden 2001 Wörterbuch zur Deutschen Militärgeschichte - Militärverlag der DDR 1985 Wolfgang Friedrich - Uniformen der Kurfürstlich Sächsischen Armeen 1683-1763 - Selbstverlag Arbeitskreis Sächsische Militärgeschichte e.V Dresden, 1998 Zeichnungen, Abbildungen und Fotos soweit nicht anderweitig gekennzeichnet: Dirk Brendler |
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